12.07.2005 - Der Morgen des vierten Tages ...
...beginnt verstaubt und übernächtigt, Gedanken an die Endlösung der Hundefrage, kein Frühstück, Hangarschlüssel hinterlegt, Schnellstart und weg. Im Steigflug über Totana City, weiter über die graubraune Hochebene mit Kurs auf zerklüftete Gipfel. Sonne im Rücken, blauer Himmel, kein einziges Wölkchen. Steigflug, rein in die Berge, die Crew hat zu tun, wachsam wird der Kurs beäugt. Groundlevel, jawohl, wo ist hier Ground? Tal oder Gipfel? In Flugfläche 55 durch enge Schluchten, bizarre Felsen starren auf uns herunter, immer noch steigen, Paß noch nicht erreicht. Ein paar Füße über uns Airspace Delta, Tummelplatz für großes Fluggerät im Landeanflug auf Airport Granada. Offensichtlich stümpern wir nicht allzu sehr herum, die Flächenenden bleiben frei von den schnellen Maschinen mit den streng dreinblickenden Piloten im Druckanzug. Endlich Sinkflug, Leistung raus, abgleiten mit dem fallenden Gebirge in fast schon grünes Land. Die erreichte Hochebene ist hügelig, endlose Plantagen, wir suchen nach dem Platz, Präzisionsnavigation, Asphaltstreifen gesichtet, Überflug und glatt abgelehnt. Höchstens hundert Meter, die spinnen, die Spanier, wer soll hier mit ´ner Fläche landen? Mangels neuer Idee bleibt der Kurs stehen, Rätselraten, was nun, plötzlich der richtige Aero Vileta unerwartet auf 2 Uhr. Betonpiste, steil am Berg, sieht auch kurz aus aber machbar. Neben der Piste blauer Kreis, Hoffnungsschimmer. Midfield, tiefer Überflug, Test der Landekonfiguration. Platzrunde, Minimalfahrt, full Flaps, Hauptfahrwerk vor der Piste aufgesetzt; No Problem, isn´t Wasentegernbach.
Backtrack, Welcome in the Paradiese. Fluggerät mittels Stein auf der abschüssigen Piste an der Flucht gehindert, ab in die zertifizierten Badehosen, Siesta ab 08:15 UTC im Swimmingpool von Aero Vileta. So nach und nach realisieren wir Palmen, die weinberankte Veranda, kleiner Vormittagsschlaf, Urlaub in Spananien. Unübersehbar ist die übliche Abwesenheit von irgendwelchen nützlichen und hilfsbereiten Leuten, an Sprit wollen wir mal gar nicht denken. Telefonjoker, no English, Una hora, neues Rätsel, des Wartens und Wanderns leid bleibt die Frage: Was, wenn keiner kommt? Wo sind die Schweinehirten und Armypiloten mit Beziehungen zu Sprit? Wird jemand kommen und wann? Turbinengeräusche im Süden helfen bei der Lösung, es gibt die Plätze mit Sprit und Cola, nur deswegen fliegen die Airliner auch dahin. Tobis Leitspruch könnte den Tiger in den Tank befördern: Ab ins System, auf zum Airport Granada. Dies würde nicht leicht werden, wir wußten´s nicht, hätten´s aber trotzdem versucht.
Ein bisschen mit Wehmut verlassen wir den Traumplatz, Höhe statt Fahrt und zunächst Gegenkurs, wer weiß schon an welchen Controller wir geraten. Ein paar Meilen nördlich vom Luftraum Delta dann Südkurs, Transponder VFR, erste Ansprache an Granada Tower. „D-MNTH, Granada, we dont have a flightplan from you”. Klar, woher auch, in Aero Vileta war keiner da, trotz bester Avionik hat´s zum Fax im Cockpit nicht gereicht. Tobi diskutiert mit dem Tower eine Weile über unseren nichtexistenten Flugplan auf der Airlinerfrequenz. Das führt zu nichts, also was nun: Können wir landen oder nicht? „D-TH, enter control zone via November” ist dann doch überraschend, mit urdeutscher Gründlichkeit folgen wir den Anweisungen bis zur Landung und biegen gleich mal am falschen Taxiway ab.
No Fligthplan, No AIP, das Follow Me findet uns und schleppt uns zur Parking Position der GA einschließlich Winkermännchen. 200m vor uns wird eine 737 startklar gemacht. Eine nette Dame holt uns ab, zerrt uns durch die Sicherheitsschleuse ins Flight Office. Zunächst glaube ich an Hitzeschaden, dann wird mir der Ernst der Lage klar: Erst gibt Tobi den falschen Abflugplatz an, steigert sich dann in juristische Haarspaltereien von wegen UL und sowieso ohne Flugplan und so. Die Towerbesatzung ist leicht überfordert, jetzt soll das auch noch ein UL sein. Immerhin alle Kommunikation in allerbestem deutsch, das macht es aber nicht unbedingt leichter. Frechheit wird belohnt, das System schluckt uns, was soll auch werden, schließlich sind wir da. Rätselhaft bleiben wir den Controllern immernoch- woher sollen wir wissen wo wir hinwollen? Die Airliner wissen das offensichtlich immer schon vorher. Alle Quadratmeter des Flight Office mit unseren Schepperson belegt, zwei Handbreit links, Strich- fertig ist das nächste Leg. Wir sind drin: Flugplan Jerez, Kaffee, Frühstück, AVGAS. Zwei Schweinehirten sind so schnell doch nicht zu besuchen, von wegen Abfertigungszeiten und so.
Airborn kurz vor dem PAPI, tiefer Überflug über ein paar tausend Meter Piste, abdrehen, Steigen, Nordkurs wie angewiesen. Granada Tower hat einen Anflug, nervt leicht nervös, zum vierten Mal Positionreport, sorry; viel mehr als 60 Knoten im Steigflug ist nicht. Der entgegenkommende Heavy auf 11 Uhr entschärft relaxt die Lage: „We have him on TCAS – no problem“. Westkurs, nun 50 Meilen parallel zur spanischen Südküste über Hochebenen, Wüste und Gebirge. Militärisches Sperrgebiet mit gebotenem Respekt und Seen mit riesigen Ufern und wenig Blau passiert. Irgendwann taucht am Horizont der Zielplatz auf, Airports finden ist pillepalle. Position und Landeabsicht angezeigt, Einflugverfahren zurückgesprochen. Selbiges noch mal durchdacht, Sonnenstand und Kompass stimmen, aber irgendwas ist doch komisch. Was hilft, ist der Blick nach rechts, haben wir doch tatsächlich den Military mit Jerez Airport verwechselt. Unauffällige Kursanpassung, Gegenanflug, Sinken.
Kurze Landung, abgerollt, leider wiedermal die falsche Intersection erwischt- auf dem Airlinervorfeld wollen die uns hier nicht haben. Jerez Tower schickt uns zu den kleinen Fliegern, eine Handvoll Echos von FlyInn Spain steht herum, Benzingespräche angebahnt, wie geht das mit Gibraltar? Die Hitze ist unglaublich, der Tankwart macht eine inflamable Riesensauerei, wir flüchten in den Tower. Während ich gigantische Mengen gekühlter Getränke organisiere stellt Tobi den Flugplancomputer auf Englisch um und füttert ihn mit unseren unbescheidenen Flugabsichten. Wenn´s klappt schummeln wir uns wieder aus dem System. Der Alternate wird zum Destination. Wiederum schneller als alle spanischen Schweinehirten zusammen gelangen wir ins glühende Cockpit, grauenhafter Spritgestank, schnell rollen und Stifte in die Gummidichtung, langsam wird’s besser, auch im Kopf.
Flugplan akzeptiert, cleared for Takeoff, Südkurs, Spitzenwetter was sonst. Ungewohnt für´s Auge all das flache Land, auf zwei Uhr der ganz atlantische Ozean, voraus die Straße von Gibraltar. Auf Südkurs bleibend entschwinden wir Spanien, Marokko füllt den Horizont. Zwischen den Kontinenten abdrehen nach Ost, 5000ft über Wasser, Europa links, Afrika rechts, Gibraltar auf 10 Uhr. Die zertifizierten Badehosen griffbereit im Handgepäck, dem verunsicherten Controller versprochen zurückzukommen. Chance Frequency to the very british speaking Gibraltar Approach. It´s great. Big Final, the Happy- End. Ein paar tausend Fuß tiefer unterfliegt uns ein Airliner im Anflug auf Gibraltar, das hatten wir so auch noch nicht, „Have him on TCAS – no problem“ ein wenig feierlich wird’s im Cockpit am Ziel der Reise. So langsam wird’s Zeit zurück zum alten Kontinent zu fliegen, Gibraltar en Detail links unten, der Airliner setzt auf der Piste auf. Genug very british, Einflug in die Kontrollzone Malaga und der kriegt uns nicht auf den Schirm, schickt uns die Küste entlang, ignoriert unsere Flugplanwünsche und kreiert so ein touristisch hochwertiges Leg einschließlich Midfield Malaga Airport. Leider wird´s so mit dem Alternate nichts, aber noch sind die Eindrücke des Fluges zu verarbeiten. Kaum die Küste landeinwärts überflogen ragen auch schon die Gipfel in unsere Flughöhe herein. Während ich dies bedenke taucht einer frech mitten im Kurs auf, eine aufmerksame Hand hatte das GPS schon unübersehbar in meine Richtung gedreht und mit kurzem Blick meinen Geisteszustand gecheckt, was ausbleibt ist meine Kursänderung. Immer noch rechtzeitig dann die nächste Informationsstufe, diese nun durchs Intercom, erhalten den recht guten Allgemeinzustand des Fliegers und der Besatzung. Hinein ins Gebirge, die vorsätzliche Absicht Destination und Alternate zu tauschen kippt Malaga Tower durch strikte Kursangaben, so wird aus Destination Alternate und das ist dann auch gut so.
Granada Tower empfängt uns bei tiefstehender Sonne mit Seitenwind und Follow- Me, diesmal der richtige Taxiway, der Spritmann ist schon weg, schwupp durch die Sicherheitskontrolle, man kennt sich schon, ab ins Flight Office, Tobi macht noch flugs einen Flugplan, heute wissen wir wo´s morgen hingeht. Blick auf´s Meteosat, Hotel gebucht, Taxi und schnellstens einige Cervesa bestellt. Irgendwie ging´s beim Essen um Fliegergeschichten, SMS an Christian, noch mehr Cervesa, dann gewisse Unschärfe. Christian ist böse wie ein Tiefdruckgebiet, SMS aus Mitteleuropa „So. das wars. schluß-aus-vorbei! macht euer wetter selber. und flugvorber.-info auch“. Der restliche Abend wird Cervesa geopfert, die Unschärfe nimmt zu, Tobi meinte der Abend sei ganz gut gewesen.