11.07.2005 - der Morgen des dritten Tages
beginnt mit lecker spanischem Frühstück, wir tanken unglaublich billiges Gasolina.
Gracias Moia. Kleine Wölkchen in den Tälern, CAVOK was sonst und natürlich Rückenwind. Mangels Flugplan passen wir uns dem Groundlevel an; Schluchten unter-, Gipfel neben uns. Trockenes Land, hin und wieder kleine Dörfer. Nach einer reichlichen Stunde kommt es wieder in Sicht: El Mediterraneo, dann das Ebrodelta, flach und grün. Die Landschaft ändert sich im Minutentakt. Hotelburgen, unberührte Strände, Steilküste. Castellon vor der Nase, die buckelige Asphaltpiste schräg zur Küste, sinken, Gegenanflug über Wellen, Landung auf der 18, Tanken, Abstellen neben Palmen- das spanische Flugplatzpersonal mit leicht mafiösen Gesichtszügen sieht uns zum wohlverdienten Bad ins Meer entfliehen.
Weiter geht’s, neuer Kurs übers Gebirge, winzige, auf engstem Raum an die Felsen geklebte Städte, tiefe Schluchten, gelbbraunes Land, langsam wird’s Wüste. Hochebenen, durchbrochen von tiefen Schluchten, Straßen schlängeln in Serpentinen. Dank navigatorischer Sorgfalt wird der Flugplatz von Ontur gleich gefunden, keiner am Funk, also alles bestens. Die Piste verschwindet kurzzeitig im Queranflug hinter dem in der Platzrunde aufragenden Berg, kurzes Endteil, schmale Asphaltbahn, sauber zielen und hinab nach Ontur in Castillia de la Mancha.
Glutheiße Luft strömt in die geöffnete Haube, verhindert jeden vernünftigen Gedanken, geregelte Atmung sowieso und mühsam quälen wir uns aus dem Cockpit, fliehen in den nächsten Schatten, ringsum Schweigen, kein Spanier irgendwo zu erblicken. Die Stille ist unheimlich, hatte mir die Wüste nie so schweigsam vorgestellt. Das einzige Geräusch verursacht die flimmernde Luft. Ungutes Gefühl beobachtet zu werden, vorsichtig nach Flintenläufen und Westernhüten der Pistoleros in den Felsen gelinst. Fehlanzeige trotz sorgfältigem Rundumblick, nicht mal Sancho Pansa ausgemacht, wahrscheinlich liegt´s am Zeitpunkt: es ist Siesta und das rettet uns das Leben. Das aus der Luft entdeckte Auto hilft auch nicht weiter, zentimeterdick mit Staub bedeckt. Kein Mensch weit und breit, was eigentlich noch fehlt sind Kamele. Das Trinkwasser geht zur Neige, mit Sprit sieht´s gar nicht gut aus, das Szenario bleibt düster: Erschossen und ausgeraubt von spanischen Guerillos, verdurstet in der Wüste. Schlagzeile in Bild: „Deutsches Kleinflugzeug in Spanien verschollen“. Blick auf die Tankanzeige, sehr kurzer Strich auf der Schepperson, adieu Ontour, du trostloser Asphaltstrich in Castillia de la Mancha, Murcia Allicantino wir kommen: Tower, Leute, Cola, Sprit. Der Start gelingt, keiner der Gesetzlosen schießt in die Flächen, von oben ist alles wieder spanisch.
Wir gleiten eine Weile über die in der Hitze flirrende Landschaft, Airport Murcia in Sicht. Wiederum Schweigen auf der Frequenz, keine Sau funkt uns an – was ist das eigentlich für ein Airport? Christian hätte gewusst was wir noch nicht wussten: Wir hatten wiedermal einen Military ausgesucht. Rischtische Fliescher haben einen Alternate, ohne Funk dann lieber doch nicht ins Paradies, Südkurs, weiter in die Ebene. Eine Tankstelle an gerader Landstraße wird zur Versuchung, die hätten sogar Vanilleeis, wir widerstehen und fliegen weiter Südkurs. Totana City zur rechten, links muß irgendwo der Platz sein mit Pista Compacto, was immer das ist, aber an den angegebenen Koordinaten werden wir landen, egal was kommt, die Tankanzeige zeigt sehr deutlich nichts mehr. Windsack und Hangars entdeckt, wieder Schweigen im Funk, Hochspannungsleitungen quer durch die Platzrunde, weißgraue Erde.
Auf selbiger gelandet, hart gepresster Wüstenboden, Staubfahnen, Hitze, kein Mensch weit und breit. Ringsum versammelt feuerverbrannte Ölfässer, zweifellos Reste der Nachtflugstaffel der Legion Condor. Scheppersonkarten und Zweckoptimismus unter den Schatten der Veranda geschleppt, detaillierte Routenplanung um uns von der grauenhaften Tatsache abzulenken, dass der Sprit aus ist, das Wasser schon lange und keine Ahnung wie das weitergehen soll. Die Gegend stinkt himmelschreiend nach Schweinestall. Telefonate an die Flugplatzbetreiber scheitern an unbekannter Sprache, Schweinehirten gesichtet, hingeeilt, nach Sprit befragt. Fehlschlag, nicht verwunderlich, Zeichnung angefertigt, Wanderung zum nächsten Schweinehirten, der hat wenigstens einen gammeligen Plastekanister mit Gülle, aber so wirklich hilft das auch nicht weiter. Handypiepen, die mitteleuropäische Bodenkontrolle wertet gnadenlos unsere Positionsmeldung „Eure Legs werden auch immer kürzer, so kommt ihr nie nach Afrika“. Kleine Depression zwischen den Ohren, die Füße schmerzen, aber nicht umsonst, Bill from Great Britain hat ein Auto und Zeit und ist außerdem Armypilot: „Fuel for little Aeroplan, yes, no problem.“ Der Versuch, Kanister im Baumarkt zu besorgen scheitert überraschenderweise an den Spanischkenntnissen von Bill, dank soeben eingesetzter Glückssträhne gibt’s Plastetütenkanister an der Tankstelle in Totana City. Zurück zur Pista Compacto, Tobi hat auch Sprit organisiert, welchen nehmen wir und dann kommt noch der Sohn vom ersten Schweinehirten „Gasolina Aeroplan?“. Im Hangar schraubt mittlerweile ein Pilot und Formel 1- Freak an irgendeinem Triebwerk, den Flugplatzhund an seiner Seite. Mit Blick nach Westen sagt er Aerodromo Aero Vileta und seine Augen glänzen. Wenig später fahren wir im betagten Kleinwagen- immerhin Ferrarirot- wer bremst verliert, quietschende Reifen, polterndes Fahrwerk nur Fliegen ist schöner- ein paar Kilometer weit vorfolgt vom bellenden Flugplatzhund nach Totana City. In einer Absteige 4. Klasse mit Holzbänken, uralten bärtigen Spaniern mit wiederum mafiösen Gesichtszügen gibt’s Tunfisch und Cervesa, Masse statt Klasse. Die Tagesaufgabe endlich gelöst geht’s zurück zum Landestreifen, der Flugplatzhund wartet fix und fertig im Staub der Pista compacto. Hangar für das Fluggerät, Open Air Night für die Aviateure im Schlafsack aus der linken Fläche- keine gute Idee, staubige Hitze, Luftangriffe durch Moskitos, stundenlanges Gebell vom Feind des Flugplatzhundes, schon zum zweiten mal auf dieser Reise vermisse ich eine Walther P38 im Handgepäck.