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Finanzamt - 06.10.2004

Ein Flugzeug braucht eine Airline, und so gründeten wir eine Firma. Es gab eine richtige Firmengründungsfeier der Geschäftsführung in Tobis Garten mit Bier und dem einzigen Tagesordnungspunkt: Name der Firma. Das war Lustig. Weniger lustig war die Bekanntschaft der ganzen Apparatur welche wir nun losgetreten hatten. Unmengen Formulare der allgemein bekannten Absauger gingen auf dem Postweg ein: Berufsgenossenschaft, Handelskammer, Gemeinde und so weiter. Viel später erreichte uns die schlimmste Kunde: Finanzamt. Die schickten ein paar Formulare die- egal wie rum man sie hielt- einfach nicht zu lesen waren. Ich erspare diesen Zeilen, sie mit bloßer Wortwiederholung dieses grauenhaften finanzdeutsch zu beschmutzen. Redlich bemüht, unsere kleinen Umsätze den immensen Kosten gegenüberzustellen versuchte ich mich mit guten Vorsätzen an dem Formular. Hoffnungslos. Wurde auch mit der zweiten Flasche Bier nicht besser- alles Zeit in der man hätte einen Abschwung üben oder einen Törn oder nur so Platzrunden. Zwischen der zweiten und dritten Flasche reifte dann die Idee: Termin beim Finanzamt.

Freundlich stellte ich mich vor, erklärte ausführlich alle Zahlen dabeizuhaben und nur ein paar Problemchen mit den Formularen. Die nette Frau hinterm Schreibtisch erkundigte sich auch gleich besorgt, welche Zeile denn so schwierig sei. Dass Vorsicht angesichts des noch ganz leeren Formulars angebracht war, war mir klar. Mit dem Blick einer Blondine im Physikunterricht holte ich das Formular heraus, deckte es mit meinen Zetteln fast vollständig ab und zeigte besorgt ganz oben auf das erste Eintragungsfeld. Ja, sagte die gute Frau, die Steuernummer, die hätten Sie hier ja schon mal eintragen können. Mein Gesicht drückte größte Dankbarkeit für die so wertvolle Hilfe bei dieser Erkenntnis aus und ich äußerte ein begeistertes Ach So. Dann wandte ich den Blick auf den neben der Frau liegenden Kugelschreiber und schwieg. Ein wenig später kratzte dieser ohne mein Zutun in dem leeren Feld. Ich gab den Blick auf das nächste Textfeld frei und schaute der Frau arglos in die Augen. Die Stirn der Sachbearbeiterin runzelte sich ein bißchen. Ob ich denn gar nichts ausgefüllt habe. Nein nein, wehrte ich ab, nur die Felder welche nicht ganz klar waren. Legte noch ein bisschen Formular frei und ergänzte, dass eigentlich kein Feld ganz klar war. Außer dem mit dem Datum. Das Stirnrunzeln nahm gefährliche Ausmaße an. Ich war ganz leise und das war gut so. Ein bisschen duckte ich mich, als der Arm der Sachbearbeitern blitzschnell über den Schreibtisch zuckte, vor mir abbremste und auf dem Telefon eine Ziellandung absolvierte. Es sei notwendig, erklärte sie dem anderen Ende, dass Herr Soundso sofort im Rahmen eines ordentlichen Amtshilfeverfahrens einem Bürger beim Ausfüllen der Steuerformulare behilflich sei. Und so kam schwungvoll und dienstbeflissen der Lehrling der Abteilung Gewerblich. Wir bekamen den Besuchertisch zugewiesen und ich zog mit meinem Zettelkram um. Der Lehrling brachte das Formular mit und legte es vor mich hin. Ich schaute ihn mit meinem Subunternehmerverhandlungsblick an, schob ihm das Formular wortlos herüber, und sagte leise aber bestimmt, dass ich am besten mal die Zahlen raussuche. Ein wenig verwirrt und um die Situation zu entspannen fragte der Lehrling wie die Firma wohl heiße. Geschäftig wühlte ich in meinen Papieren, wurde fündig und beide freuten wir uns, das dann schon mal zu wissen. Ohne weiteren Kommentar wurde das Textfeld durch die Amtshilfeperson ausgefüllt und sie fand, ich solle erst mal die Umsätze hier eintragen. Freundlich wehrte ich ab, hielt das Formular ein bisschen fest, weil es jetzt ja so gut auf der anderen Seite lag, bedeckte die Tischfläche vor mir mit meinen Zetteln, verwies auf meine schlechte Schrift; könnte mich auch verschreiben; bestimmt und dann noch ins falsche Feld. Und dann müssten Sie noch mal von vorn anfangen. Jetzt ging alles sehr schnell. Wenige Minuten später erklärte mir der Lehrling mit strahlendem Gesicht, nun sei das Formular fertig, unterschreiben müsse ich hier. Dies tat ich sofort und erklärte mit ernster Miene, gleich noch die Steuererklärung für dieses Jahr machen zu wollen. Die Zimmertemperatur begann zu sinken, alle sahen mich schweigend an als ob ich gerade eine Investitionszulage für el Quaida beantragt hätte. Dann die üblichen Ausreden. Geht nicht, Jahr nicht um, noch kein neues Formular da und so weiter. Ich helfe gern, und so schlug ich arglos vor, man könne ja bei 2003 aus der drei eine vier machen, nahm gleich ein neues Formular, strich die drei durch und schrieb eine vier daneben. So ungefähr. Alle schauten auf den Lehrling, ich schob ihm das Formular hin und lehnte mich entspannt zurück.