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Regentour - 09.06.2004

Mit hervorragenden Prognosen von drei Onlinewetterdiensten, Schwager Tino und dem allerfeinsten Foto- und Videoequipment hebt die schwer beladene Zodiac von der 06 in Görlitz ab. Foto bleibt eingepackt, die Sicht liegt noch weit unter den Erwartungen. Das ändert sich auch nach einer halben Stunde nicht und auch mit selektiver Wahrnehmung bleibt eine leise schleichende Verschlechterung nicht unbemerkt. Die Zeppelinhalle in Brandis muß dann schon gezielt angeflogen werden um einigermaßen brauchbares Fotomaterial zu erhalten. Von wegen Sonne! Die Untergrenzen fangen an zu sinken, nicht weiter schlimm da uns die Lufträume sowieso nach unten drücken. Ein wenig dunkler wird’s dann aber doch noch, natürlich auch genau in Kursrichtung. Als erste Tröpfchen aus dem immer grauer werdenden Himmel fallen ist ohnehin eine Siesta angemessen und wir landen in Saarmund.

Wie sich herausstellt eine weise Entscheidung- der Wettermann berichtet uns von dem Gewitter was nun mittlerweile nördlich des Platzes gut zu sehen und zu hören ist. Nachdem wir erfahren dürfen, dass dies hier Teil einer 300km Gewitterfront ist, welche in Hamburg soeben die Dächer abdeckt und in ein paar Stunden auch aus den Berliner Kellern zu pumpen sein wird fragen wir nicht weiter wie´s anderswo aussieht.

Der Start vom steil abfallenden Taxiway katapultiert uns in die dicke Luft. Auch wenn wir wollten, vom Südkurs kommen wir nicht weg. Rechts und links sehr sehr dunkel, nur geradeaus ist noch Hoffnung.

Ein bisschen verzweifelt ist dann schon die Landung in Großenhain, immerhin wollten wir an die Ostsee. Der Wettermann ist da anderer Ansicht, der Flugleiter auch und unsere Oderwitzer Bodenstation (Danke Tobi) meldet alles dicht bis auf einen Slot von 40 Minuten bis zur Home Base. Bevor wir hier versanden starten wir zum Heimflug in der schwülen Luft und geraten sofort in Böenwalze und Schauer. Sofortumkehr, Piste egal, sehr sehr bockig, viel Wasser und harte Landung nur heil runter und Halle für die Zodi. Das Gewitter was nun losbricht ist auch am Boden beeindruckend genug. Drei Stunden später gibt es im Norden immer noch keine Entwarnung und so beschließen wir die Flucht nach Südwest. Greiz rät ab zu kommen, nun stehen auch im Süden die Cb´s.

Wir starten erst mal. In der Gegend von Chemnitz sind wir uns angesichts dramatisch verschlechterter Sichten einig, über der dreispurigen Autobahn am besten aufgehoben zu sein. Am Stadtrand angekommen fehlt immer noch der große Schornstein der sonst aus 30 Meilen schon zu sehen ist- überdies fliegen wir gerade 100ft niedriger als seine Spitze. Die Temperaturen sind tropisch, mühsam quirlt sich der Propeller durch die schwere feuchte Luft. Also Landung in Chemnitz- Jahnsdorf.

Eine kleine Depression macht sich bei Betrachtung der zurückgelegten Strecke und des effektiv gewonnenen Abstands zu Görlitz breit. Bei genauerer Untersuchung finden wir dann heraus, dass es eigentlich ein ganz netter Flugtag war und uns unglaublicher Hunger quält. Trotz allem sind wir gewillt, nicht in die erstbeste Kneipe zu rücken sondern dem Anlaß entsprechend niveauvoll zu speisen. Wir lassen auf dem ersten Teilstück unseres 6 (in Worten: Sechs) Kilometer langen Fußweges auch einige Kneipen links liegen, allerdings sind die auch alle geschlossen. Stunden später, kurz vor dem Kollaps sichten wir ein sauteures Hotel welches wir gerade noch in aufrechter Haltung erreichen. Wunder über Wunder, hervorragendes Bier, amerikanische Karte (Hamburger) der Hotelchef ist ehemaliger E- Pilot. Dieser kutschiert uns dann im obligatorischen Benz in unsere Pension.

Der Start am nächsten Tag war eindeutig noch bei VFR- Bedingungen, was dann kam ging an die Grenze. Als es nichts mehr zu sinken gibt landen wir auf dem verwaisten Platz in Torgau Beilrode. Eine halbe Stunde später beschließen wir eine Wetterbesserung und starten erneut. Sichten zunächst 10km, Untergrenze nicht all zu aufregend. Mit jeder Meile nach Norden wird es schlechter. Die Sichten nun um fünf Kilometer, in Schauern darunter. Wie weit uns die Untergrenze bereits gedrückt hat wird klar, als wir in einen Windpark geraten und den einzelnen Mühlen- welche im Grau vor uns auftauchen- in steilen Kurven ausweichen müssen. Stress macht sich breit. Arbeitsteilung im Cockpit: Tino Navigation und Wetterbeobachtung, ich fliege. Irgendwo landen, und zwar schnell. Die Schauer sind klein, aber so zahlreich dass nicht jeder umflogen werden kann. Weiter geht die Sicht zurück. Unter uns Wald, kaum Lichtungen, angespannt geht jeder seiner Aufgabe nach. Der Blick nach draußen wird unscharf, wichtigstes Instrument wird das Vario. Um Schauer nicht durchfliegen zu müssen schaffen wir keine Meile im Geradeausflug. Zwei Meilen westlich von Öhna verliere ich die Orientierung und bitte Tino um einen Kurs. Trotzdem ich auf dem GPS unsere Position und den Flugplatz Öhna sehen kann bin ich überrascht, als die Piste dann in zehn Uhr auftaucht. Aufatmen im Cockpit.

Nach einer wirklich schönen Landung genießen wir lässig die Blicke derer, welche ihren Flieger heute im Hangar lassen. Der Wettermann macht uns keine Hoffnungen, jedoch der Pilot einer 172er welcher von Schönhagen kommend kurz nach uns einschwebt. Hoffnung im Norden.

Diese Information und die große Anzahl von Ausweichflugplätzen im Berliner Raum veranlassen uns weiterzufliegen. Tatsächlich werden die Sichten besser, allerdings sind die Untergrenzen noch unter 1000ft. Kurz vor Bienenfarm können wir Schauern nicht mehr ausweichen und landen. Nun wird´s bis zur Küste ärmlich mit Flugplätzen an der Strecke, also tanken wir noch mal randvoll. Eine halbe Stunde nach dem Start bessert sich das Wetter. Selbst an den Foto wird sich erinnert. Erstmals seit sechs Flügen bewegen wir uns in entspannender Reiseflughöhe und landen wir bei schönem Wetter in Rerik. Das soll mal jemand nachmachen: Görlitz- Rerik in zwei Tagen mit 7 Flugstunden. Nur Fliegen ist schöner.

Wir entladen alles entbehrliche und starten zum Rundflug nach Osten. Landung in Purkshof, 9 Minuten nachdem der Platz geschlossen hat, aber immerhin Stempel im Flugbuch. Weiter über Rügen, Landung auf der Insel und traditionelles Avgasfassen. Urlaubsstimmung im Cockpit. Tino fotografiert, sogar ein bisschen Sonne kommt zum Vorschein. Für unglaubliche 2,50 € übernachten wir auf dem Flugplatz Rerik.

Der nächste Tag beginnt mit Regen, Sichten im Bereich halbe Pistenlänge und eigentlich beginnt die Obergrenze in den Baumwipfeln. Der Wettermann weiß das auch, etwas Hoffnung auf Besserung ist berechtigt. Ein Wettererkundungsflug wird zur 150ft Platzrunde mit GPS- Anflug weil der Platz plötzlich weg war. Zeit die Zodi und die Crew zu waschen, Check, Aufräumen, Frühstück.

Es wird Mittag, als wir starten. Fünf Minuten nach dem Abheben gehen die Sichten atemberaubend zurück. Eigentlich wollten wir Wismar überfliegen, ich weiche mit einer flachen Kurve nach Osten aus um die Hafenkräne nicht zu beschädigen. Tino ist wieder Navigator, Bäume und Sträucher gut zu erkennen, aber zumindest Flachland unter uns und Flugplatz Wismar nicht weit weg. Wir beschließen, noch 5 Meilen nach Süden zu fliegen und dann zu entscheiden. Tröpfchen auf der Scheibe, im Tiefflug über die Ebene und ich zähle die Sekunden bis zu Umkehrentscheidung. Die Wolkenuntergrenze beginnt sich in graue Fetzen zu zerlegen, drüber ist eine hellere Schichtung auszumachen. Hoffnung. Die Basis hebt leicht an. Wir fliegen weiter. 20 Minuten nach dem Start erste Löcher, ganz oben blauer Himmel. Propeller auf laut, Gas rein und steil nach oben. Das Loch ist nicht groß, reicht aber aus. Wir kreisen in steilen Kurven und fliegen in einem Wolkenschacht nach Süd. In 6000ft haben wir die Obergrenze nahezu erreicht, nur ab und zu sind Wolkentürme zu umfliegen. Wir fliegen in einer Welt aus weißen Wolken und blauem Himmel, Tino wird zum Paparazzi. 30 Meilen vor Berlin werden die Löcher unter uns kleiner und in 10 Uhr sind Cb´s zu sehen. Wahrscheinlich spielt uns nun die Elbe wieder einen Streich. Im vorletzten Loch sinken wir unter die Basis. Stendal meldet starken Regen und Böen um 30kt. Wir weichen aus und finden uns eingekreist zwischen drei Schauern wieder. Es ist grauenhaft dunkel und bockig. Eine Flucht vor den Schauern gelingt, der Wind nimmt weiter zu. Mit Mühe und Nordkurs finden wir den verlassenen Platz in Pritzwalk und machen bei Starkwind eine Sicherheitslandung. Unmittelbar nach der Landung binden wir die Maschine an. Wir warten eine Weile auf Besserung und fliegen dann weiter zur Home Base.