Ostsee-Nordsee - 23.07.2003
Flugvorbereitung in Brauna. Die Idee mit dem sperrigen Ersatzkanister im Cockpit war wohl doch nicht so gut, daher bleibt es beim Volltanken. Zodiac aus der Halle ziehen, Gepäck auf Copilotensitz und in den Rumpf anschließend kleiner Außencheck. Erdanker nicht vergessen, Seile und Plane in die rechte Tragfläche verstaut. Endlich im Cockpit angekommen. Hauptschalter, Killschalter, Leerlauf, Choke, Starter. Kurz darauf steht die Zodiac mit zornigem Triebwerk am Rollhalt 26. Abflugcheckliste: Frequenz, Höhenmesser, Magnete, Klappen eingefahren, Propeller auf Steigen, Rettungsgerät entsichert, Öl über 50, Öldruck 3,5 bar, Wasser 80. Blindmeldung für Start, Rollen, Rotieren, Abheben.
Wenige Sekunden Fahrt holen im Horizontalflug, dann mit 120km/h bei 4-5m/s Steigen. 500ft über dem Platz: Gas reduzieren, weitersteigen. In 1800 ft Propeller in Reisestellung, Benzinpumpe aus, Gas auf 9l, und Transponder auf 0021. Triebwerkswerte normal, Reisefluggeschwindigkeit etwas über 130km/h, eilig habe ich es nicht. Zunächst in 2000ft unter Luftraum Delta, links die CTR Dresden. Das Wetter ist gut, Sicht über 50km, leichter Westwind, Kurs 300° bis zur ersten Auffanglinie, der Elbe. Das GPS schalte ich hier wieder ab, jetzt wird der Elbe stromabwärts gefolgt bis Dessau. Dies ist zwar nicht die Ideallinie, aber schön- der Weg ist das Ziel. Felder, Dörfer und die Elbe schieben sich im Sommerlicht vorbei. Ich steige mit der einsetzenden Thermik auf 4000ft, danach Trimmung auf Horizontalflug und frühstücke erst einmal. Kurz vor Dessau schieben sich weiße Wolkenfetzen vor den bis dahin blauen Himmel. Sinken auf 3000ft, nun Nordkurs. Die Wolken verdichten sich weiter. Die Elbe lasse ich links liegen, dort müsste eigentlich auch Magdeburg zu sehen sein. Nicht gerade beruhigend ist die absinkende Basis. Die mittlerweile geschlossene Wolkendecke hat nun eine Untergrenze von 2500ft und sinkt mit jeder geflogenen Meile weiter ab. Ich setze mein Limit auf 1500ft. Spätestens dann wird gelandet oder umgekehrt. Landen wäre nicht schwierig, da es hier genug Plätze gibt. Erneute Elbquerung. Landevorbereitung Stendal Borstel. Anflugkarte, Platzrunde, Frequenz. Die Platzrunde liegt im Norden, also werde ich von Süden kommend den Platz überfliegen um linksherum in den Gegenanflug 08 einzufliegen. Die weiße Betonpiste kommt in Sicht. Die Flugleiterin weist mir der Einfachheit halber gleich rechts Quer zu, so dass ich mir den Kringel sparen kann. Transponder aus, Propeller in Startstellung, Benzinpumpe ein, Klappen zunächst 10°, Queranflug, 130km/h, Queranflugmeldung. Endteil, Klappen auf 25°, 120km/h Anfluggeschwindigkeit, Endteilmeldung. Stendal meldet leichten Seitenwind von rechts. Landung auf der leicht ansteigenden Betonpiste.
Auf dem Taxiway rolle ich mit offener Haube- es ist zu warm im Cockpit. Der Turm hat es in sich. Mehrere Dinge sind zu erledigen. Als da wären Tanken, Wetterinfo Ostsee, Landegebühr, Stempel im Flugbuch, Flugplatzinfo Rerik. Die Erscheinung der Flugleiterin ist derart beeindruckend, dass ich nicht alle Erledigungen auf einmal schaffe. Mehrmals bin ich auf den Turm, muß jedes Mal drei Etagen Treppen steigen.
Trotzdem bin ich nach kapp einer Stunde wieder in der Luft. Auch wenn die Basis noch bei 2500 ft steht- die Aussichten für die Küste sind hervorragend. Rerik hat Mallorcawetter gemeldet. Weiter auf Nordkurs, und tatsächlich, kurze Zeit später überfliege ich die mittlerweile aufgerissene Wolkendecke in 6000ft. Je näher die Ostsee rückt, umso besser wird das Wetter. Endlich der vertraute Anblick der Küstenlinie. Der Himmel im Norden ist wolkenlos. Den Flugplatz Rerik aus der Luft zu finden müsste angesichts der Küstennähe sehr einfach sein. Sinken auf 2000ft; die Stadt Rerik ist schon in Sicht. Der Platz ist genau dort, wo ihn die Karte ausweist, jedoch erst aus zwei Meilen Entfernung auszumachen. Leider Piste 26 in Betrieb, also kein Anflug über Wasser.
Aus dem zunächst verhaltenen Empfang durch Flugleiter Zinke wird ein Fest nachdem ich von persönlicher Ausbildung durch die europaweit bekannte Fliegerlegende Horst Kny berichten kann. Dem Angebot eines Trikefliegers im Auto zum Strand mitzufahren folge ich sofort. Die Ostsee ist zu warm um zu erfrischen. Leider habe ich mein Flugplatztaxi verpasst und komme so zwangsweise zu einer zweistündigen Wanderung in brütender Hitze durch Felder und Wälder. Die Bodennavigation ist eben auch schwierig, aber erfolgreich. Es ist später Nachmittag und einem Küstenflug steht nichts im Weg.
Beim Start bleibt die Hitze nicht unbemerkt. Fast schon unwillig geht die Zodiac in die Luft. Nach dem Start drehe ich rechts auf 060° und überfliege zunächst Rerik. Weiter steigen, nun Fliegen über Wasser. Die Küstenlinie liegt nun rechts vom Kurs. Kühlungsborn, Warnemünde, mittlerweile in FL 70. Rechts slippen, Fotos. Unerwartete Turbulenzen veranlassen mich, das Cockpit einigermaßen aufzuräumen. Mittlerweile über dem Darß. Hiddensee und Rügen kommen in Sicht. Große Runde über Stralsund und den Luftraum Fox von Barth. Triebwerksleistung auf 30%, langsam sinken in Richtung Rerik und der sich rot verfärbenden Sonne entgegen.
In Rerik ist erstaunlich viel los. Ein Fieseler- Storch- Replik legt spektakulär kurze Landungen hin, ein übermotorisiertes Trike steigt in Jet- Manier in den Himmel. Einige Aufregung wegen einer notgelandeten Sunny, die irgendwo auf einem Acker bei Kühlungsborn vermutet wird. Also auf zum Aufklärungsflug. Fündig werde ich nach einiger Funkerei bei Heiligendamm. Die arme Sunny hatte Glück im Unglück und liegt auf einem abgeernteten Stoppelfeld. Fliegerabend auf dem Flugplatz. Mein Zelt steht direkt neben der Zodiac.